Eine intakte Windschutzscheibe hält nicht nur Wind ab, sondern trägt auch massgeblich zur Sicherheit der Insassen bei: Sie erhöht die Verwindungssteifigkeit einer Karosserie um bis zu 40 % und bietet somit den Insassen einen möglichst hohen Schutz im Falle eines Unfalls. Die Befestigung einer Windschutzscheibe erfolgt ausschließlich durch Klebstoff. Somit hängt die Verwindungssteifigkeit, als auch die Crashsicherheit unmittelbar von seiner Leistungsfähigkeit ab. Umso wichtiger ist es deshalb, beim Verkleben der Fahrzeugscheiben präzise und sorgfältig vorzugehen und den Sicherheitsstandards entsprechend zu arbeiten.
Im folgenden Beitrag erklären wir, wie das Scheibenkleben mit dem Würth Varioprimer am besten gemacht wird und geben Ihnen ausserdem einige nützliche Tipps zur optimalen Anwendung.
Wissenswertes – Begriffsdefinitionen
1) Varioprimer
Feuchtigkeitshärtendes Untergrund-vorbehandlungsmittel mit UV-Schutz für alle gängigen Untergründe bei der Ersatzverglasung. Varioprimer verbindet Korrosionsschutz, Aktivator und Haftvermittler (Primer) in einem Produkt und kann deshalb multifunktionell eingesetzt werden. Dadurch bietet er ein Höchstmass an Prozesssicherheit und spart Beschaffungs- und Lagerhaltungskosten.
2) Gleitmodul
Der Wert des Gleitmoduls (G-Modul), oder auch Schubmodul genannt, gibt die Spannung bzw. die Schubspannung in MPa oder N/mm² an. Je höher dieser Wert ist, desto höher ist die aufzuwendende Kraft zur Deformation der Scheibe.
3) Hochmodulig/hohes Schubmodul
Hochmodulige Scheibenklebstoffe sind Polyurethan-Klebstoffe mit einem G-Modul > 2,0 MPa. Diese Klebstoffe werden bei gleicher Belastung weniger stark verformt als herkömmliche Scheibenklebstoffe, d.h. sie übertagen die vom Karosserieflansch aufgebrachte Verformung bzw. die Kraft auf die Windschutzscheibe. Damit wirkt die Scheibe auch als strukturelles, stabilisierendes Element, weil sie sich gegen eine Verformung wehrt und in die Fahrzeugkonstruktion einbezogen werden kann. Demzufolge können beispielsweise A-, B-und C-Säulen leichter ausgelegt werden, wodurch auch das Gewicht verringert wird. Hochmodulig verklebte Fahrzeugscheiben übernehmen folglich mehr tragende Funktionen in der Gesamtstruktur, was zu einer wesentlich verbesserten Torsionssteifigkeit führt. Das Ergebnis ist eine bessere Fahreigenschaft, höherer Fahrkomfortund mehr Sicherheit.
4) Antennentauglich-nichtleitend/ nicht korrosiv
Bei Fahrzeugen, die eine integrierte Heck- oder Frontscheibenantenne besitzen, muss bei der Ersatzverglasung ein „nichtleitender“ Scheibenklebstoff verwendet werden. Wird hier ein „leitender“ Scheibenklebstoff verwendet, wird die Antennenleistung massgeblich negativ beeinflusst. Durch einen spezifischen Durchgangswiderstand ist ein Spannungsfluss zwischen Karosserie und Kleberaupe extrem gering. Dies bedeutet, dass die Kontaktkorrosion zwischen den verschiedenen Metallteilen komplett unterbunden wird.
5) Raupengeometrie/Düsenzuschnitt
Zur Gewährleistung der grösstmöglichen Benetzung der Fugenteile mit Klebstoff, wird dieser in Form einer Dreiecksraupe aufgetragen. Bei der Scheibenverklebung sollten auf jeden Fall die Herstellerangaben zur Düsengeometrie beachtet werden. Sind keine Herstellerangaben verfügbar, so sollte die Höhe des Düsenzuschnittes der Höhe des Karosserieflansches entsprechen.
6) Einkomponentige Scheibenklebstoffe
Diese Scheibenklebstoffe sind einfach zu handhaben und erfordern keine speziellen Verarbeitungsgeräte. Eine 1 K Kleberaupe härtet abhängig von Luftfeuchtigkeit und Temperatur mit einer bestimmten Geschwindigkeit von aussen bis in den Kern hinein durch. Bei geringer Temperatur und geringer Luftfeuchtigkeit (Winterzeit) verlangsamt sich die Reaktion und Aushärtung enorm.
7) Zweikomponentige Scheibenklebstoffe
Diese Scheibenklebstoffe setzen sich aus einer A- und einer B-Komponente, dem Beschleuniger, zusammen. Beim Verarbeiten werden die beiden Komponenten durch einen dynamischen Mischer in einem optimalen Verhältnis gemischt. 2K-Scheibenklebstoffe härten somit chemisch, unabhängig von Luftfeuchtigkeit, gleichzeitig in der gesamten Kleberaupe durch. Dadurch sind für diese Klebstoffe angegebenen Wegfahrzeiten ab einer Temperatur von 5°C immer gewährleistet, wodurch ein hohes Mass an Sicherheit gegeben ist.
Scheibenkleben mit dem Varioprimer
1) Ausbau der defekten Scheibe
2) Vorbereitung und Behandlung des Karosserieflansches
Kleine Lackstellen ausbessern: Wurde beim Zurückschneiden der Karosserieflansch verletzt (blankes Blech), muss diese Stelle 2x mit Varioprimer grundiert werden.
Neulackierter Karosserieflansch: Neulackierungen über Nacht trocknen lassen, damit eine einwandfreie Aushärtung des Lacks erfolgen kann und somit eine optimale Haftverbindung garantiert ist. Auf den ausgehärteten Lack Varioprimer auftragen und 5 Minuten ablüften lassen.
Korodierter Karosserieflansch: Korrodierte Fläche am Flansch ist bis auf das Metall abzuschleifen. Fläche mit Aktiv-Reiniger reinigen. Varioprimer gut schütteln und mit Primerpinsel in einem gleichmässigen Film mindestens 2x auftragen und jeweils 5 min ablüften lassen.
3) Vorbereitung der neuen Scheibe
3) Einbau der neuen Scheibe
Anbringen von Zierleisten oder Gummiabdichtungen: Zierleisten oder Gummiabdichtungen müssen vor dem Auftragen des Scheibenklebstoffs nach Angaben des Fahrzeugherstellers an der Glasscheibe montiert werden.
Auftragen des Scheibenklebstoffs: Scheibenklebstoff mit senkrecht geführter Pistole nach Herstellervorgaben gleichmässig in der Form einer Dreiecksraupe, von der unteren Scheibenmitte beginnend, auf die Glasscheibe oder den Karosserieflansch auftragen. Achtung: Angaben der Fahrzeughersteller zur Raupen-Geometrie beachten! Auf bündige Stossstellen achten. Brille und Handschuhe tragen.
Einsetzen der neuen Glasscheibe: Glasscheibe mit Hilfe von Saughebern einsetzen, anhand der zuvor angebrachten Klebestreifen positionieren und leicht andrücken. Die Scheibe nach dem Einsetzen durch Klebestreifen vom Dach her fixieren und die Anbauteile wieder montieren. Wichtig: Der Einbau muss sofort nach Auftrag der Kleberaupe erfolgen
Häufig vorkommende Mängel und Verarbeitungsfehler
Häufig vorkommende Mängel und Verarbeitungsfehler
Die Würth Scheibenklebstoffe und ihre Eigenschaften
Tipps und Hinweise
- Beim Scheibenkleben ist Sauberkeit und exaktes Arbeiten unbedingt erforderlich
- Haltbarkeitsdatum der Scheibenklebstoffe müssen immer geprüft werden
- Keine Verdünner, Bremsenreiniger oder Teilreiniger beim Scheibenkleben verwenden
- Ablüftzeit unbedingt beachten
- Fahrzeug darf nicht auf einer Hebebühne stehen, da die Gefahr der Verwindung besteht
- Seitenscheiben öffnen, da es zu einer Druckerhöhung beim Zuschlagen der Türen kommen kann
- Stossstelle präzise ausführen
- Scheibe innerhalb der Verarbeitungszeit des Klebstoffes einsetzen, da nach erfolgter Hautbildung eine Haftung zum Untergrund nicht mehr gegeben ist ( ca. 5-10 min)
- Scheibe nach dem Einsetzen nicht mehr nachjustieren
- Wegfahrzeit unbedingt beachten
Fazit
Beim Scheibenkleben ist eine genaue und sorgfältige Arbeitsweise eben so unabdingbar wie die Verwendung der richtigen, qualitativ hochwertigen Produkte – so kann sich nicht nur der Kunde auf die Sicherheit seines Fahrzeuges verlassen, sondern der Mechaniker kann so auch von einer Kosten- und Zeitersparnis profitieren. Besonders der Würth Varioprimer sorgt dafür, dass Sie eine noch bessere Haftung der Scheibe und ein schnelleres Trocknen der Scheibe erhalten.
Um sich ausreichend vor gesundheitsgefährdenden Einflüssen zu schützen, sollte zudem auch auf den richtigen Hand– und Augenschutz zurückgegriffen werden.
Mit den oben genannten Tipps und Hinweisen sowie unseren qualitativ hochwertigen Produkten sind Sie auf der sicheren Seite und können so fachgerecht dafür sorgen, dass ein zufriedener Kunde Ihre Werkstatt verlässt.
Hier gelangen Sie zu den Anwendungsvideos!